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3. Integration in bestehende Programme durch die Einführung von zusätzlichen Evaluationskriterien, die verhindern sollen, dass durch die Förderung negative Effekte entstehen.
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Innovationspolitik: Das Ende der Unschuld?
0 days left (ends 25 Apr)
Auf Ausgaben für Forschung und Entwicklung kann man sich quer über das politische Spektrum einigen, weil damit die Wettbewerbsfähigkeit erhöht und das Wachstum angekurbelt wird. Genau das wird nach COVID benötigt und - damit es genug davon gibt - wird Forschung, Entwicklung und Innovation gefördert. Theoretische Modelle legen nahe, dass man damit in alle Ewigkeit wachsten kann.
Ist das so oder sind die Nebenwirkungen von mehr Wachstum - die Zerstörung der Biosphäre - nur nicht eingepreist? Und welcher Effekt ist größer? Der neu geschaffene Wohlstand oder der Verlust an Biodiversität und die Kosten der Klimaveränderung?
Die Fragen und Antworten dazu sind erstaunlicherweise nicht offensichtlich und werden hier bis zum 18.04.21 diskutiert.
Wir freuen uns auf Deine Sicht der Dinge.
3. Integration in bestehende Programme durch die Einführung von zusätzlichen Evaluationskriterien, die verhindern sollen, dass durch die Förderung negative Effekte entstehen.
Thematische Programme und die Anreicherung von bestehenden Programmen mit Kriterien, die negative Externalitäten verhindern sollen, wirken praktisch nur auf der Angebotsseite. Sie fördern die Entwicklung neuer Technologien und Innovationen bei einem kleinen Teil der Unternehmen - jenen eben die um eine Förderung angesucht haben. Gleiches gilt, auch wenn deutlich komplexere Interventionen möglich sind, bei missionsorientierten Programmen soweit sie sich auf die Entwicklung neuer Technologien abzielen[4]. Transformative Missionen (z.B. Verhinderung des Klimawandels) oder Missionen die das Verhalten verändern wollen, sind komplexe Interventionen und verlangen, dass sehr viele Akteure sich hinter der Zielsetzung versammeln und Entscheidungsbefugnisse an die für die Steuerung der Mission zuständige Institution abtreten. So formulierte Missionen sind nicht von traditionellen Strategien unterscheidbar (siehe dazu die Typologie von Wittmann et al. (2020)). Die bisherigen Erfahrungen auf europäischer (und auch auf nationalstaatlicher) Ebene legen nahe, dass es deutlich einfacher ist, komplexe Missionen zu formulieren, als diese zu exekutieren. Gerade im Forschungs-, Technologie- und Innovationsbereich wurden die gesetzten Ziele auf europäischer Ebene in den letzten zwei Jahrzehnten klar verfehlt.
Für eine Internalisierung der negativen externen Effekte sind weder thematische Programme noch traditionelle Förderprogramme, angereichert mit ökologischen Kriterien, geeignet, weil sie zu begrenzt in ihrer Wirkung (nur geförderte Unternehmen) und zu wenig treffsicher in der Einschätzung der Wirkungen (Saldo der externen Effekte nicht berechenbar) sind. Missionsorientierte Programme sind hingegen ein großes Versprechen, dass mit elaborierten Strategien politikbereichübergreifende Lösungen erarbeitet werden können, die dann noch über alle Governance-Ebenen hinweg implementiert werden können. Es ist unwahrscheinlich, dass eine entsprechende Mission zeitnah formuliert und implementiert werden kann.
Daher ist es wahrscheinlich - gegeben die vorhanden Strukturen und Strategien der FTI-Politik[5] -, dass damit die Ziele des Green Deals unterlaufen werden bzw. dass ein “Herumreißen des Steuers” zu lange dauert bzw. unklar ist, ob dies überhaupt gelingt.
Wenn man die Ziele des Green Deals oder des Pariser Klimaabkommens ernst nimmt, dann müssen die Politikinterventionen so gesetzt werden, dass alle Entscheidungen von Unternehmen, KonsumentInnen und des Staates mit diesen Zielen kompatibel sind. Es braucht ein “mainstreaming” der negativen Effekte von Treibhausgasemissionen und jenen aus der Zerstörung der Biosphäre. Dies erreicht man für die Treibhausgasemissionen am ehesten durch eine breite Karbonsteuer und Anpassungen des Emissionshandelssystems, damit die sozialen Kosten internalisiert werden[6]. Ergänzen man dies mit einem “cross-border carbon adjustment”-System. Dadurch gibt es eine “Karbonaufschlag” auf importierte Güter, damit die europäischen Mitbewerber, die von einer Karbonsteuer betroffen sind, nicht benachteiligt werden. Mit diesen Adaptionen kann Europa wie geplant Vorreiter beim Schutz von Klima und Biosphäre sein und sein geopolitisches “standing” deutlich verbessern.
Für die FTI-Politik und andere Politikbereiche hätte eine Karbonsteuer/ein verbessertes Emissionshandelssystem den massiven Vorteil, dass sie sich wieder auf ihr Kerngeschäft - die Maximierung von positiven Externalitäten - konzentrieren können, weil Unternehmen und KonsumentInnen jene Optionen wählen, die nicht durch die Karbonsteuer verteuert werden. Damit verhindern sie negative Externalitäten[7] und können einen wesentlichen Beitrag zur Erhaltung der Biosphäre leisten.
Folglich sind dann nur Produkte und Dienstleistungen wettbewerbsfähig, die Emissionen und damit die Karbonsteuer vermeiden. Ebenso konzentriert sich F&E und Innovation auf Projekte, die genau das leisten und nur für diese werden Förderungen beantragt. Der Karbonpreis muss so gesetzt werden, dass sich das Tempo der Dekarbonisierung in Europa um den Faktor 2 - 3 erhöht. Nur dann können die Vorgaben des Green Deals und des Pariser Klimaabkommens erreicht werden. Eine gleichzeitige Verbesserung der Ressourcennutzung durch eine “circular economy” und die Vermeidung von Abfällen ist ebenso wichtig. Das wärs auch schon.
ESIR – Expert Group on the Economic and Societal Impact of Research, Towards a Mission-Oriented Research and Innovation Policy in the European Union. An ESIR Memorandum, European Commission, 2017.
JIIP – Joint Institute for Innovation Policy, Mission-Oriented Research and Innovation - Inventory and characterisation of initiatives, 2018.
Kuittinen H., Polt W., Weber M., Mission Europe? A revival of mission-oriented policy in the European Union. In: RFTE – Rat für Forschung und Technologieentwicklung (Hg), Re:thinking Europe - Positionen zur Gestaltung einer Idee, 2018, S. 197 – 213.
Leo, H., Innovation und Regulierung, Studie im Auftrag des BMVIT, 2012.
Mankiw, G. N., Grundzüge der Volkswirtschaftslehre. 3. Auflage. Stuttgart 2004, S. 221–227.
Nordhaus, W. D., Projections and Uncertainties about Climate Change in an Era of Minimal Climate Policies, American Economic Journal: Economic Policy 2018, 10(3): 333–360 https://pubs.aeaweb.org/doi/pdfplus/10.1257/pol.20170046
Solow, R. M., Is the End of the World at Hand? Challenge, MARCH/APRIL1973, Vol. 16, No. 1, pp. 39-50.
Wittmann, F., Hufnagl, M., Lindner, R., Roth, F., Edler, J., Developing a Typology for Mission-Oriented Innovation Policies, Fraunhofer ISI Discussion Papers Innovation Systems and Policy Analysis No.64, Karlsruhe, April 2020.
[1] “Als externen Effekt (auch Externalität) bezeichnet man in der Volkswirtschaftslehre die unkompensierten Auswirkungen ökonomischer Entscheidungen auf Unbeteiligte, also Auswirkungen, für die niemand bezahlt oder einen Ausgleich erhält” (Wikipedia). Wikipedia nimmt die Definition für Externalitäten aus einem weit verbreiteten Lehrbuch zur Einführung in die Volkswirtschaftslehre von Mankiw (2004). Jeder der sich mit Volkswirtschaft beschäftigt, weiss was Externalitäten sind, weil sie gleich zu Anfang des Studium unterrichtet werden.
[2] Diese Einsicht ist alles andere als neu. Solow (1973) gibt eine Übersicht über diese Argumentationslinien, die auch heute so noch zu gebrauchen ist.
[3] Dies schließt natürlich nicht aus, dass es technologische Entwicklungen gibt, wie bei der Nutzung von Wind- und Solarenergie gibt, die eindeutig eine positive Gesamtbilanz haben. Daraus kann nicht geschlossen werden, dass dies insgesamt der Fall bzw. für alle anderen Bereich auch gilt.
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